Teil 1:

Technische Integration von Siegelinformationen im Online-Handel

Technische Integration von Siegelinformationen im Online-Handel

Siegel sind wertvolle Wegweiser für nachhaltige Konsumentscheidungen, weil sie auf erprobten und fundierten Begutachtungsverfahren beruhen. Es ist aber für Online-Händler und Vergleichsportale oft schwierig, verlässliche Informationen zu bekommen, welche Artikel mit welchen Siegeln ausgezeichnet sind. Das führt derzeit zu einer geringen Sichtbarkeit von verlässlichen Siegeln im Online-Handel, zu Fehlern bei der Abbildung der Zertifizierung und zu einem erhöhten Aufwand für Online-Händler und Vergleichsportale.

Daher fokussiert dieses erste Kapitel darauf, wie die Nachhaltigkeitsinformationen von Siegelorganisationen – Organisationen, die Siegel vergeben – technisch in den Online-Handel von Textilprodukten integriert werden können.

Aufbau des Abschnitts

Status Quo

Welche Fehler passieren derzeit bei der Übermittlung von Siegelinformationen im Online-Handel?

Siegelinformationen werden derzeit den Online-Händlern und Vergleichsportalen in der Regel nicht automatisch in einer verlässlichen und überprüfbaren Weise übermittelt. Die Informationen müssen stattdessen oft händisch recherchiert und in das Online-Warenangebot übertragen werden. Das kann zu verschiedenen Fehlern führen (vgl. Abbildung 1).

  • Wenn die Information über die Zertifizierung vom Hersteller nicht an den Online-Shop oder das Vergleichsportal übermittelt wird, wird der Artikel ohne Hinweis auf die Zertifizierung vermarktet – für nachhaltigkeitsorientierte Verbraucher:innen fehlt dann der Hinweis auf ökologische oder soziale Vorzüge dieses Artikels (vgl. in der untenstehenden Abbildung „falsch negative Ausweisung einer Zertifizierung“).
  • Umgekehrt kann aber auch ein Artikel mit einem Nachhaltigkeitssiegel vermarktet werden, obwohl die Zertifizierung diesen Artikel gar nicht abdeckt. Dazu kann es etwa kommen, wenn der Hersteller dem Online-Shop oder Vergleichsportal ein Zertifikat übermittelt, das allgemein für eine Produktgruppe des Herstellers gilt, aber nicht für den betreffenden Artikel – etwa wenn ein T-Shirt aus einer zertifizierten Produktgruppe mit einem roten Farbstoff gefärbt ist, der gesundheitlich problematische Inhaltsstoffe enthält und somit von der Zertifizierung der Produktgruppe nicht erfasst ist (vgl. in der untenstehenden Abbildung „falsch positive Ausweisung einer Zertifizierung“). „Falsch positiv“ kann das Ausloben einer Zertifizierung auch dann sein, wenn die Ware zwar die geforderten Umwelt- und Sozialstandards einhält, wenn es aber an weiteren Bedingungen fehlt, die nach den Bedingungen der Siegelorganisation erforderlich sind, um mit einem Siegel zu werben – beispielsweise die Mitgliedschaft bei der Siegelorganisation. Eine weitere, nicht technische Fehlerquelle kann darin bestehen, dass Siegelinformationen zwar übermittelt werden, dabei aber relevante, nach den Bedingungen der Siegelorganisation erforderliche Informationen wie Lizenz- oder Registrierungsnummern fehlen.
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Wie läuft der Prozess der Weitergabe der Zertifizierungsinformation ab?

Um die Gründe hinter den beschriebenen Fehlern zu erläutern, stellen wir im Folgenden dar, wie im Einzelnen der Prozess von der Zertifizierung bis hin zum Erscheinen der Siegelinformationen auf dem Online-Shopping-Display abläuft.

Startpunkt ist die Herstellung eines Produktes, im Beispiel ein T-Shirt. Das T-Shirt wird vom Hersteller/Lieferanten entwickelt, von einer Siegelorganisation zertifiziert, mit einer eindeutigen Artikelkennung (GTIN – Global Trade Item Number) von GS1 ausgestattet und mit diesen Informationen vom Hersteller/Lieferanten über Online-Shops und Vergleichsportale vertrieben.

Mit Blick auf die Übermittlung der Zertifizierungsinformationen an Online-Shops und Vergleichsportale sind in dieser Informationsvermittlung folgende Punkte besonders wichtig:

1. Zertifizierung:

Mit der Zertifizierung beglaubigt die Siegelorganisation, dass der Hersteller oder Lieferant berechtigt ist, ein bestimmtes Produkt mit dem Siegel auszuzeichnen und zu vermarkten. Die Zertifizierung wird oft nicht direkt von der Siegelorganisation selbst durchgeführt, sondern über Zertifizierungsorganisationen im Auftrag und nach den Kriterien der Siegelorganisation.

Der Gegenstand der Zertifizierung ist hierbei oft nicht identisch mit dem Artikel, den ein Online-Shop oder Vergleichsportal später im Online-Handel vermarktet. Denn viele Siegel beziehen sich auf eine größere Produktgruppe oder auf ein eher allgemein definiertes Produkt, das später im Online-Handel in verschiedenen Varianten (Schnitten, Größen, Farben, Passformen) auf den Markt gebracht wird. Das führt dazu, dass Online-Shops und Vergleichsportale anhand einer Zertifikatsnummer konkrete Artikel nicht identifizieren können. Auch wenn ihnen zu einem Artikel eine Zertifikatsnummer übermittelt wird, können sie allein hiermit nicht mit Sicherheit erkennen, ob der jeweilige Artikel tatsächlich vom Zertifikat erfasst ist und berechtigt ist, das Siegel zu tragen.

Etwas einfacher ist die Übermittlung von Zertifizierungsinformationen bei Siegeln, die sich nicht auf Produkte, sondern auf Hersteller mit ihrer gesamten Produktpalette beziehen: Hier beglaubigt die Siegelorganisation, dass das Herstellungsverfahren eines Herstellers oder Lieferanten in seiner Gesamtheit den Kriterien der Siegelorganisation entspricht. Somit reicht es hier für Online-Shops und Vergleichsportale, wenn sie wissen, dass ein konkreter Hersteller berechtigt ist, ein Siegel zu führen – dieses Siegel gilt dann automatisch für alle Produkte, die vom jeweiligen Hersteller auf den Markt gebracht werden.


2. Speicherung der Zertifizierung:

Die Zertifizierung wird sodann von der Siegelorganisation in einer eigenen Datenbank gespeichert. Für jede Zertifizierung wird eine Zertifizierungsnummer vergeben. Gespeichert werden außerdem der zertifizierte Hersteller, die Geltungsdauer und der Gegenstand der Zertifizierung.

Gegenstand der Zertifizierung ist je nach Siegel

  • ein Produkt (etwa ein T-Shirt, das aber unterschiedliche Artikel umfasst, etwa T-Shirts in unterschiedlichen Farben oder Größen)
  • eine Produktgruppe (etwa Baumwollprodukte eines bestimmten Herstellers)
  • oder eine Organisation (etwa ein Hersteller oder eine Marke), sofern sich die Zertifizierung auf die Prozesse eines Herstellers oder einer Marke bezieht.

Die Datenbanken der Siegelorganisationen dienen meistens den internen Zwecken der Siegelorganisationen, beispielsweise um den Siegelbestand aktuell zu halten. Viele dieser Datenbanken sind daher nicht öffentlich zugänglich und verfügen über keine Schnittstelle für externe Zugriffe. Die Informationen zur Zertifizierung bleiben daher zunächst zwischen Siegelorganisation und Hersteller.

3. Vergabe der GTIN:

Gerade im Online-Handel ist es wichtig, dass einzelne Artikel eindeutig identifiziert werden können. Hierfür hat sich im Textilhandel inzwischen die von der Standardisierungsorganisation GS1 vergebene GTIN als eindeutiges Identifikationsmittel etabliert. Die GTIN ermöglicht es beispielsweise, das T-Shirt eines Herstellers aus einem bestimmten Material, mit einem bestimmten Schnitt, in einer bestimmten Farbe in einer bestimmten Größe zu identifizieren. Allerdings werden nicht alle Textilien mit einer GTIN versehen; beispielsweise nutzen einige Händler, die vor allem Eigenmarken führen, oft keine GTIN.

Das Verfahren zur Zuteilung der GTIN für einen bestimmten Artikel ist zweistufig:

Im ersten Schritt bestellt und erhält der Hersteller von der Standardisierungsorganisation GS1 einen Nummernkreis. Dieser enthält je nach Umfang bis zu 100.000 GTINs.

Im zweiten Schritt teilt der Hersteller den einzelnen Artikeln die konkreten GTINs aus diesem Nummernkreis zu.

Die Vergabe der GTIN für die zertifizierten Produkte wird von vielen Siegelorganisationen in ihren Datenbanken nicht nachvollzogen. In den Datenbanken vieler Siegelorganisationen werden die Zertifizierungen für breiter definierte Produkte und Produktgruppen abgebildet, nicht dagegen die einzelnen zertifizierten Artikel mit ihren GTINs. Das heißt, dass die Siegelorganisationen keine Kenntnis davon haben, welche GTIN die von ihnen zertifizierten Produkte haben. Daher können sie anhand der GTIN nicht nachvollziehen, ob ein bestimmtes Produkt zertifiziert ist oder nicht.

4. Übermittlung von Siegelinformationen durch die Hersteller:

Die Hersteller möchten ihre Produkte mit dem erhaltenen Siegel bewerben und übermitteln die Zertifizierungsnummer und das Siegel an die von ihnen bedienten Online-Shops, so dass diese es einbinden können.

Siegelinformationen werden häufig nicht zusammen mit sonstigen Produktinformationen weitergegeben, sondern separat davon in anderen Datenformaten wie Excel-Listen. Grund dafür ist die beschriebene Zweigleisigkeit zwischen der Produktidentifikation per GTIN und der breiter angelegten Zertifizierung durch die Siegelorganisationen. Die Folge ist, dass Zertifizierungsdaten manuell in die sonstigen Produktinformationen übertragen werden müssen. Das führt zu den beschriebenen Fehlern, dass Zertifizierungsdaten entweder gar nicht übermittelt werden oder das falsche Informationen übermittelt werden. Solche Fehler zu korrigieren, ist schwierig, da die Online-Shops und Vergleichsportale nicht direkt auf die Daten der Siegel-Organisationen zugreifen können.

Vergleichsportale beziehen Informationen über die Zertifizierung von Waren meist nicht direkt vom Hersteller, sondern filtern diese Informationen aus dem Informationsangebot der Online-Shops heraus. Für die Richtigkeit der entsprechenden Angaben sind Vergleichsportale damit auf die Richtigkeit der Angaben der Online-Shops angewiesen. Damit stellen sich die genannten Schwierigkeiten bei der Informationsweitergabe von Herstellern auch für Vergleichsportale.

Woran scheitert eine automatische und verlässliche Weitergabe der Zertifizierungsinformation?

Zusammenfassend gibt es zwei Hemmnisse, die einer automatischen und verlässlichen Weitergabe von Zertifizierungsinformationen im Weg stehen:

  • Erstens sind Zertifizierungsinformationen oft nicht mit einer eindeutigen Identifikationsnummer des jeweils gekennzeichneten Artikels verbunden. Wenn Online-Shops und Vergleichsportale vom Hersteller ein Siegel übermittelt bekommen, bleiben daher noch Unsicherheiten, welche Artikel konkret von dem Siegel erfasst sind. Auch die Siegelorganisationen verfügen häufig nicht über die Information, welche Artikel konkret von einem bestimmten Siegel erfasst sind.
  • Zweitens sind die bei den Siegelorganisationen gespeicherten Zertifizierungsinformationen für externe Akteure nicht zugänglich. Daher können Online-Shops und Vergleichsportale die vom Hersteller übermittelten Zertifizierungsinformationen nicht durch einen Abgleich mit den Siegelorganisationen verifizieren.

Unser Lösungsansatz:
Datenschnittstelle für den Abruf von Zertifizierungsinformationen bei Siegelorganisationen

Was ist das Ziel der Datenschnittstelle?

Um die Verfügbarkeit von Siegelinformationen für Online-Shops und Vergleichsportale zu verbessern, haben wir im Rahmen von ZuSiNa eine Datenschnittstelle für Siegelinformationen entwickelt (vgl. die detaillierte Beschreibung auf Seite 11). Die im ZuSiNa-Projekt entwickelte Datenschnittstelle macht die bei den Siegelorganisationen gespeicherten Zertifizierungsinformationen Online-Akteur:innen zugänglich.

Die Datenschnittstelle ist damit eine Antwort auf das zweite beschriebene Hemmnis (mangelnde externe Zugänglichkeit der Zertifizierungsinformationen von Siegelorganisationen). Die Datenschnittstelle bietet allerdings keine Lösung für das erste Hemmnis (fehlende Verknüpfung von Zertifizierungsinformationen mit Produktidentifikation).

Für welche Siegelorganisationen ist die Datenschnittstelle anwendbar?

Damit die Datenschnittstelle für Online-Shops und Vergleichsportale einen echten Mehrwert bietet, ist sie darauf angewiesen, dass über den Datenbestand der Siegelorganisationen eindeutig bestimmt werden kann, welche Artikel von welcher Zertifizierung erfasst sind.

Hieraus ergeben sich Konsequenzen für den praktischen Nutzen der Datenschnittstelle für verschiedene Typen von Siegelorganisationen:

  • Siegelorganisationen vom Typ 1 zertifizieren Produkte und registrieren die GTIN der zertifizierten Artikel, das sind beispielsweise Fairtrade und der Blaue Engel.
  • Siegelorganisationen vom Typ 2 zertifizieren oder verifizieren Brands oder Hersteller in einer Weise, dass alle Produkte eines Herstellers vom Siegel erfasst sind, wie beispielsweise Fair Wear.
  • Siegelorganisationen vom Typ 3 zertifizieren Produkte oder Produktgruppen und registrieren die zugehörige Zertifikatsnummer, nicht aber die GTIN der zertifizierten Artikel. So verfahren beispielsweise GOTS und OEKO-TEX ®.

Die für eine sinnvolle Anwendbarkeit erforderliche eindeutige Produktidentifikation ist gegeben,

  • wenn die zertifizierten Produkte artikelgenau über die GTIN identifizierbar sind (Siegelorganisationen vom Typ 1) oder
  • wenn das Siegel für alle Produkte einer Marke oder eines Herstellers gilt und wenn der Hersteller eindeutig identifizierbar ist (Siegelorganisationen vom Typ 2).

Sofern eine eindeutige Identifikation der zertifizierten Produkte dagegen nicht möglich ist (Typ 3), erfüllt sie nicht den Informationsbedarf von Online-Shops und Vergleichsportalen. Für Siegel des Typs 3 ist die Datenschnittstelle daher zwar technisch anwendbar, praktisch aber von geringem Nutzen.

Um dies zu ändern, müssten sich auch die Siegelorganisationen des Typs 3 von den Herstellern die GTIN der zertifizierten Artikel übermitteln lassen und diese den jeweiligen Zertifikatsnummern zugeordnet abspeichern. Die hierfür erforderliche Umstellung der Prozesse in den Siegelorganisationen war nicht Gegenstand unseres Projekts. In Gesprächen mit den Siegelorganisationen hat sich aber gezeigt, dass eine Erfassung der GTINs durch die Siegelorganisationen sehr aufwändig ist, da für die von einer Zertifizierung erfassten Artikel oder Modelle eine Vielzahl von GTINs vergeben werden kann und zudem im Verlauf der Gültigkeit einer Zertifizierung neue GTINs vergeben werden können. Dementsprechend werden in der Textilbranche neben der hier vorgestellten Datenschnittstelle derzeit andere technische Lösungen entwickelt, um dennoch eine automatische und fehlerfreie Abbildung von Siegelinformationen im Online-Handel zu gewährleisten.

Wie funktioniert die Datenschnittstelle bei unterschiedlichen Typen von Siegelorganisationen?

Im Folgenden wird die Funktionsweise der Datenschnittstelle für Siegelorganisationen der Typen 1 und 2 beschrieben.

Typ 1: Siegelorganisationen, die Produkte zertifizieren und die GTIN der zertifizierten Artikel speichern:

Sofern die Siegelorganisation die GTIN der zertifizierten Produkte speichert, können Online-Shops und Vergleichsportale über die Eingabe der GTIN abfragen, ob und wie ein Produkt zertifiziert ist. Durch die Ansiedelung bei der Siegelorganisation wird sichergestellt, dass die Daten aktuell und richtig sind. Abbildung 3 zeigt diesen Weg schematisch auf.

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Typ 2: Siegelorganisationen, die Label auf Marken- oder Herstellerebene vergeben:

Wenn Siegelorganisationen Hersteller und Marken zertifizieren, können alle Produkte des jeweiligen Herstellers oder der jeweiligen Marke das Siegel tragen. Zur Identifikation der zertifizierten Artikel ist in diesem Fall nicht die produktspezifische GTIN nötig, sondern die Herstellerkennung GLN (Global Location Number), die Standorte und Unternehmen eindeutig identifiziert und ebenfalls von GS1 vergeben wird. Um die zertifizierten Produkte zu identifizieren, müssen die Siegelorganisationen die GLN der zertifizierten Hersteller und Marken erfassen. Über die Datenschnittstelle können Online-Shops und Vergleichsportale durch eine Abfrage der GLN abgleichen, welche Produkte welcher Hersteller zertifiziert sind (vgl. Abbildung 4).

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Für beide dargestellten Typen ist es wichtig, dass die Siegelorganisationen einen Hinweis geben, wenn die Siegelinformationen nur unter bestimmten Bedingungen genutzt und verwendet werden dürfen, beispielsweise wenn eine Mitgliedschaft der Händler nötig ist.

Alternative Lösungsansätze für die technische Integration von Siegelinformationen im Online-Handel

Eine möglichst automatische und fehlersichere Übermittlung von Siegelinformationen ist für die Textilwirtschaft von großem Interesse. Daher werden neben der hier entwickelten Datenschnittstelle in der Branche auch noch weitere Lösungswege für die technische Integration von Siegelinformationen in den Online-Handel entwickelt: (1) die Synchronisation durch einen externen Daten-Aggregator und (2) die Synchronisation über ein Umweltdatenfeld bei der Produkt-ID. Diese weiteren Lösungsansätze ergänzen die eben beschriebene Datenschnittstelle und können in Kombination mit dieser eingesetzt werden. Sie werden im Folgenden kurz beschrieben und grafisch dargestellt.

Synchronisation von Produktzertifizierung und Produkt-ID über einen externen Daten-Aggregator

Bei diesem Lösungsweg bietet ein externes, spezialisiertes Unternehmen die verlässliche, artikelgenaue Erfassung von Siegelinformationen und weiterer Nachhaltigkeitsinformationen als eigenständige Dienstleistung an. Zu diesem Zweck werden die Nachhaltigkeitsangaben von Herstellern und Marken auf Richtigkeit und Glaubwürdigkeit überprüft. Hierbei werden datengetriebene Technologien genutzt, auch um Nachhaltigkeitsinformationen jenseits von Siegeln zu extrahieren. Dieser Weg wird derzeit pilothaft von einem im Projekt involvierten Start-up (impactbytes) entwickelt. Ein „Nachhaltigkeits-Daten-Aggregator“ bietet sich als Brückenlösung für eine verlässliche Übermittlung von Siegelinformationen an, gerade solange Siegelorganisationen selbst noch nicht über artikelgenaue Informationen zu den zertifizierten Produkten verfügen (vgl. Darstellung in Abbildung 5).

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Synchronisation von Produktzertifizierung und Produkt-ID über einen externen Daten-Aggregator

Eine einfache und elegante Lösung für die Integration von Siegelinformationen in den Online-Handel verspricht ein Ansatz, der derzeit von der Standardisierungsorganisation GS1 entwickelt wird: Hiernach soll das für den Textilsektor einschlägige Fashion Data Model um eine Siegelliste bzw. ein „Seal Overview“ erweitert werden. Ziel ist es, dass Hersteller anhand von Codelisten Siegelinformationen in die GTIN eintragen können. Hierfür werden Codelisten eingerichtet, wie sie heute schon für Farben und Materialien verfügbar sind. Die Siegelinformationen können dann mit dem Zugangsschlüssel der GTIN von Akteuren des Online-Handels automatisiert abgerufen werden. Ein Pilotprojekt hierfür ist noch im Jahr 2023 geplant.

Damit die über das Umweltdatenfeld abgerufenen Zertifizierungsinformationen richtig und aktuell sind, ist allerdings eine Verifizierung der Zertifizierungsinformationen bei den Siegelorganisationen erforderlich. Damit die Siegelorganisationen ihrerseits verifizieren können, welche Artikel von den von ihnen vergebenen Zertifikaten erfasst sind, müssen sie wiederum die GTIN der zertifizierten Artikel speichern. Insofern ist die Situation die gleiche wie bei der im Rahmen dieses Projekts entwickelten Datenschnittstelle. Es ist allerdings vorstellbar, dass der organisatorische Aufwand für die Erfassung der Produkt-ID durch die Siegelorganisationen mit der Einführung des Umweltdatenfeldes reduziert werden kann, etwa indem mit dem Eintrag des Siegels in das Umweltdatenfeld gleichzeitig eine Übermittlung der GTIN an die Siegelorganisation verbunden wird (vgl. Abbildung 6).

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Technische Beschreibung der entwickelten Schnittstelle

Zielgruppen für den Einsatz der Datenschnittstelle

Die von uns entwickelte Datenschnittstelle ist ein Prototyp, der es Siegelorganisationen ermöglicht, verlässliche und artikelgenaue Informationen über die Zertifizierung von Textilien mit Nachhaltigkeits-siegeln öffentlich zur Verfügung zu stellen. Diese Informationen sollen von Online-Shops und Vergleichsplattformen automatisch bei den Siegelorganisationen abgerufen und aktualisiert werden können. Außerdem sollen Online-Shops und Vergleichsplattformen für konkrete Artikel eine vom Hersteller mitgeteilte Zertifizierung verifizieren können.

Siegelorganisationen können die im Projekt prototypisch entwickelte Datenschnittstelle kostenfrei in ihr System integrieren oder für ihren Bedarf technisch anpassen. Zielgruppe für die Implementierung der Schnittstelle sind die Entwickler:innen der jeweiligen Siegelorganisation.

Um in der Entwicklung einer Schnittstelle möglichst unterschiedliche Organisationen und Bedarfe einzubeziehen, haben wir Gespräche mit Expert:innen geführt und Workshops durchgeführt, in denen Siegelorganisationen, Online-Shops, Vergleichsportale, Standardisierungs-organisationen (GS1) und Hersteller gemeinsam mögliche Lösungen erarbeitet haben. Da wir sicher sein wollten, dass die von uns abgebildeten Umweltzeichen verlässlich und glaubwürdig sind, haben wir in der Erarbeitung der Schnittstelle nur mit Siegelorganisationen zusammengearbeitet, die vom Portal Siegelklarheit im Textilbereich mit gut oder sehr gut bewertet wurden.

Technische Beschreibung

Die Datenschnittstelle ist eine Representational State Transfer (REST) API, die mit dem in Python geschriebenen Webframework Django entwickelt wurde. Eine beispielhafte Implementierung und eine ausführliche Dokumentation der Schnittstelle sind auf Github verfügbar.

Folgende Anforderungen werden durch die Schnittstelle erfüllt:

  • Es können alle Daten oder gefilterte Daten angefragt werden
    • Es kann nach GTIN oder Hersteller/Marke gefiltert werden
  • Die Möglichkeit Zertifikate zu validieren
    • Eingabe der Zertifikats-ID
  • Die Datenbank enthält mindestens folgende Felder, die aber auch leer bleiben können:
    • Hersteller
    • Produktbezeichnung
    • Ist Hersteller?
    • Zertifizierung
    • Produkt- oder Herstellerkennung
    • Zertifikatsvariante
    • Zertifikatsinformationen
    • Startdatum
    • Enddatum
  • Sicherheitsmaßnahmen: SQL Injection-Schutz, Beschränkung der Felder
  • Output: einheitliche Struktur, die in der Lage ist, alle Labels abzudecken
    • Grob genug, um alle abzudecken
    • Fein genug, um damit gut arbeiten zu können
  • Datenstruktur lässt klar erkennen, welche Informationen in welches Feld kommen
  • Standardorganisationen müssen Daten updaten können
  • Einfach zu implementieren: ein Softwarepaket, das alles übernimmt
  • Volltextsuche mit Wildcards
  • Kompatibel mit bereits vorhandenen Schnittstellen
  • Neue Partner können einfach integriert werden

Anwendungsmöglichkeiten und Limitationen für die entwickelte Schnittstelle

Fazit zur Implementierung der Datenschnittstelle im Rahmen des Projekts ZuSiNa

Die prototypisch entwickelte Datenschnittstelle kann die Verfügbarkeit von Zertifizierungsinformationen für Online-Shops und Vergleichsportale verbessern, wenn sie von Siegelorganisationen implementiert wird. Aufgrund der unterschiedlichen Ausgangsbedingungen der beteiligten Siegelorganisationen sowie der erforderlichen internen Entscheidungsprozesse und IT-Umstellungen innerhalb der Siegelorganisationen zeichnet sich ab, dass eine Implementierung der im Projekt entwickelten Schnittstelle innerhalb der Projektlaufzeit von ZuSiNa noch nicht möglich sein wird (Stand Januar 2024).

Gleichzeitig existieren alternative Wege zur Integration von Siegelinformationen im Online-Handel, insbesondere die Nutzung eines externen Datenaggregators und die Nutzung der GTIN, wenn GS1 sein Fashion Data Model um Siegeldaten ergänzt.

Perspektiven zur Implementierung der Datenschnittstelle aus Sicht der Siegelorganisationen

Wie dargestellt, sind die Voraussetzungen der im Projekt beteiligten Siegelorganisationen sehr unterschiedlich. Entscheidend für die Implementierung der Schnittstelle ist, auf welcher Ebene die Zertifizierung vergeben wird – das heißt, ob auf Artikel-, Produkt- oder Herstellerebene. Entsprechend unterschiedlich ist das Verfahren zur Implementierung der Schnittstelle: Bei Siegelorganisationen, die bereits die GTIN nutzen oder Hersteller zertifizieren, ist der Aufwand geringer als bei solchen, die Produktgruppen zertifizieren. Letztere müssen zunächst ihre Daten umstrukturieren, um die GTIN zu berücksichtigen. Dies ist mit einem hohen Aufwand verbunden und eher mittelfristig zu erwarten. Entsprechende Überlegungen existieren aber bereits und werden beispielsweise bei GOTS und OEKOTEX in Projekten vorangetrieben.

Grundsätzlich ist in Hinblick auf die Implementierung der Schnittstelle festzuhalten, dass die Siegelorganisationen wenige personelle und finanzielle Ressourcen für die Umsetzung von IT-Projekten haben. Oft wird die dafür nötige IT-Kompetenz auch extern beauftragt. Zudem ist die Implementierung der Schnittstelle, wie zuvor dargestellt, nicht der einzige Weg zum Ziel – auch der Weg über ein externes Unternehmen, das als Datenaggregator fungiert, oder der derzeit pilotierte Weg über ein Nachhaltigkeits-Datenfeld innerhalb der GTIN sind Alternativen.

Wichtig für die Entscheidung der Siegelorganisationen ist der Austausch mit den Online-Shops und Suchmaschinen, um den für die eigene Organisation optimalen Weg einzuschlagen. Dieser Austausch wurde in ZuSiNa über die Projektlaufzeit angestoßen und intensiv geführt, so dass die beteiligten Siegelorganisationen eine gute Grundlage für ihre individuelle Entscheidungsfindung haben.

Perspektiven zur Implementierung der Datenschnittstelle aus Sicht der Online-Shops und Vergleichsportale

Online-Shops und Vergleichsportale haben ein hohes Interesse daran, automatisiert glaubwürdige Nachhaltigkeitssiegel abzurufen und zu prüfen. Hierfür bietet die im Rahmen von ZuSiNa entwickelte Datenschnittstelle eine Möglichkeit, ebenso die alternativen Lösungen eines Datenaggregators oder einer Integration in die GTIN-Daten. Die Erwartung der Online-Shops und Vergleichsportale ist, dass sich in der Praxis, nicht zuletzt aufgrund des digitalen Produktpasses, die einfachste Lösung durchsetzen wird – und das scheint die Integration von Siegelinformationen in die GTIN-Daten zu sein, da die meisten Online-Marktplätze bereits die GTIN nutzen.

Eine praktische Anforderung seitens der Online-Shops an die Funktionsfähigkeit einer Datenschnittstelle bei Siegelorganisationen ist, dass die Siegelorganisationen mit einer Abfrage die Zertifizierungsdaten für eine große Menge an Artikeln gleichzeitig erhalten können müssen – sie also keine Einzelabfragen je Artikel machen müssen. Je nach Unternehmen würden die Ergebnisse der Abfragen entweder direkt im Warenwirtschaftssystem oder über zusätzlich aufzusetzende Listen erfolgen. Längerfristig bevorzugen die Unternehmen des Online-Handels den einfachen Weg direkt über das Warenwirtschaftssystem.

Tutorial: Implementierung der Datenschnittstelle

Handlungsempfehlungen für eine bessere Sichtbarkeit von glaubwürdigen Siegeln im Online-Handel von Textilien

Handlungsempfehlungen für Siegelorganisationen

Für eine Integration von Zertifizierungsinformationen in den Online-Handel sind die unterschiedlichen Wege der Datenschnittstelle, des Datenaggregators und perspektivisch des Umweltdatenfelds in der GTIN möglich. Wir empfehlen den Siegelorganisationen, den für sie passenden Weg zu eruieren und dabei im engen Austausch mit den Online-Shops und Vergleichsportalen sowie mit GS1 zu bleiben.

Handlungsempfehlungen für GS1

Für die Weiterentwicklung der GTIN durch GS1 empfehlen wir, die Bedürfnisse der Siegelorganisationen zu integrieren, damit eine für alle Seiten gut nutzbare Lösung entsteht. Konkret sollte im Rahmen der Fortentwicklung der GTIN für den Textilsektor ein Weg geschaffen werden, der es ermöglicht, dass mit der Eintragung von Zertifizierungsinformationen in den Datenbestand des Fashion Data Model, gleichzeitig die GTIN der zertifizierten Artikel an die Siegelorganisationen übermittelt und dort gespeichert wird.

Handlungsempfehlungen für die Politik

Die für eine Erfassung der GTIN im Datenbestand der Siegelorganisationen erforderlichen technischen Anpassungen sollten öffentlich gefördert werden, damit verlässliche Siegel im Online-Handel verstärkt sichtbar sind.  Zudem sollte bei der Entwicklung des Digitalen Produktpasses darauf geachtet werden, dass etablierte und bewährte Zertifizierungssysteme hinreichend abgebildet werden.